Logo der BUKO BUKO e.V.

Newsletter April 2019

Editorial

Liebe BUKO-Mitglieder, Freund_innen & Interessierte!


Am 24. März 1999 haben Nato-Streitkräfte damit begonnen die Bundesrepublik Jugoslawien zu bombardieren. Es war der erste Kampfeinsatz deutscher Truppen seit 1945. Der Krieg im Kosovo markierte eine Zäsur in der bundesdeutschen Nachkriegsentwicklung. Es ging um die Verabschiedung der deutschen Nachkriegsgeschichte mit dem argumentativen Rückgriff gerade auf die deutsche Geschichte. „Nie wieder Auschwitz!“ wurde von Außenminister und Vizekanzler Fischer und Verteidigungsminister Scharping als Argument immer wieder hervorgebracht. Mit der Teilnahme am Krieg sei Deutschland wieder eine „normale“ Nation geworden. Viele haben damals diese Argumentationslinie übernommen. Der bundesweite Zusammenschluss „alle bleiben“ macht in einer Stellungnahme darauf aufmerksam, dass die große Anzahl der Roma, die nach Deutschland oder andere Länder der EU geflohen sind, auch heute keine Zukunft im Kosovo haben. Das mindeste also wäre, dass sie nicht länger in einer aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit leben müssen und ein dauerhaftes Bleiberecht eingeräumt bekommen.

Anhand einer Bedeutungsumkehrung des Topos – „Nie wieder!“ lässt sich nach Astrid Messerschmidt<link typo3>1 in Deutschland nach 2015 die „Reaktivierung nationaler Identitätsbehauptungen“ beobachten. „'Nie wieder!' soll passieren, was 2015 passierte: nie wieder offene Grenzen, nie wieder Kontrollverlust, nie wieder Flüchtlinge und Asylsuchende, nie wieder so viele Fremde im Land.“ Aber alle könnten heute wissen, welche Ursachen die großen weltweiten Fluchtbewegungen haben, so dass sich der Hinweis auf ein Nichtwissen - ein durchgängiges Muster der Unschuldsbeteuerung in der familiären Kommunikation nach dem Nationalsozialismus - „erledigt“ habe. Die Behauptung, nichts gewusst zu haben, funktioniere nicht mehr und biete keine Legitimation mehr.

Am 25. Januar brach in Brumadinho im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais ein Rückhaltebecken einer Erzmine und forderte mehr als 300 Todesopfer. Deutschland deckt rund die Hälfte seines Eisenerzbedarfs durch Einfuhren aus Brasilien. Indirekt sind wir alle Nutznießer der hochriskanten und umweltschädigenden Erzgewinnung in Brasilien. Mit dem Wiedererstarken der traditionellen Rechten nehmen in ganz Lateinamerika die Angriffe auf indigene Gemeinden und den Widerstand gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen durch Großprojekte zu.

In Mailand haben rund 250.000 gegen die rassistische Politik der italienischen Regierung demonstriert. Und in der Bundesrepublik schreitet die „Orbanisierung“ voran. Nach dem Referentenentwurf für das „Zweite Hau-ab-Gesetz“ soll die Veröffentlichung und Verbreitung von Abschiebeterminen mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden können. Nun wird innerhalb der CDU/CSU, im BAMF und im BMI darüber debattiert, die Arbeit der Landesflüchtlingsräte unter Strafandrohung zu stellen. Die Flüchtlingsräte wollen sich aber nicht einschüchtern lassen.

In eigener Sache: In der BUKO werden seit 40 Jahren selbstbestimmt internationalistische und transnationalistische Debatten geführt, d.h., dass sich die BUKO in ihren Politikformen und inhaltlichen Diskussionen nicht zuerst von politischen Konjunkturen leiten lässt. Die BUKO hat auch immer wieder die Anstrengung unternommen, sich der eigenen Verstrickung in Machtstrukturen bewusst zu werden, um sie dann dekonstruieren zu können. Dies hat den BUKO/die BUKO in die Lage versetzt in soziale Kämpfe zu intervenieren und Gegenmacht zu organisieren. In diesem Sinne hoffen wir, dass wir euch beim diesjährige Himmelfahrtstreffen (K)eine Welt ohne BUKO?! wiedersehen und das unser Treffen positive Ergebnisse hervorbringt.

Euer BUKO Büro

 

<link typo3>1Astrid Messerschmidt: „Nie wieder!“ und der Wunsch, nichts zu wissen. Ein Kommentar im MiGAZIN vom 12.3.2019, http://www.migazin.de/2019/03/12/nie-wieder-und-der-wunsch-nichts-zu-wissen/



Übersicht



INFOS AUS DER BUKO

(K)eine Welt ohne BUKO! BUKO-Zukunftstreffen an Himmelfahrt vom 30.5.-2.6.2019

In  ihren über 40 Jahren hat sich die BUKO und das politische und soziale Umfeld um sie herum schon des Öfteren verändert – in ihren Diskussionen, Aktionsformen und Aktiven. Mit Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre und auf die Zukunft stellt sich nun die Frage: Wie geht es weiter mit der BUKO? Denn auch wenn die Projekte der BUKO gut besucht sind, so ist auch deutlich, dass der Kreis der Aktiven stets kleiner wird.  Auf der Suche nach Antworten wurde vor anderthalb Jahren ein Strategieprozess beschlossen um herauszufinden, was die BUKO im ihrem Kern ausmacht und wie es mit ihr weitergehen könnte. Unsere Arbeitsgruppe setzt sich gerade aus acht Personen zusammen, die unterschiedlich lange und auf verschiedene Weise in der BUKO aktiv sind. Wir haben viel analysiert und diskutiert und darauf aufbauend verschiedene Ideen für das Weiterbestehen der BUKO entwickelt. Eins steht schon fest: Ohne Euch lassen sich diese Ideen nicht umsetzen!

Wir laden Euch daher ein, vom 30.5.-2.6.2019 zusammen an der Zukunft der BUKO zu schmieden. Wir werden Euch von der Arbeit der Strategiegruppe berichten und mögliche Szenarien für die Zukunft der BUKO vorstellen – vom Neustart, über eine Formänderung bis hin zu einer möglichen Auflösung. Und ab da machen wir gemeinsam weiter. Natürlich wollen wir die BUKO nicht auflösen, aber  ob und wie die BUKO weitermacht, entscheidet nicht die Strategiegruppe. Wir haben nur Vorarbeiten geleistet, um mit euch  möglichst zielgerichtet diskutieren zu können. Aber wenn  sich zu wenige Menschen finden, denen die BUKO wichtig ist, müssen wir Konsequenzen daraus ziehen. Die BUKO war und ist immer nur das, was wir alle gemeinsam daraus machen. Und was das sein soll, wird sich an Himmelfahrt entscheiden. Wenn Ihr Euch keine Welt ohne BUKO vorstellen könnt, dann seid dabei.

Das alles klingt nach einer großen Aufgabe, denn letztlich hängt die Zukunft der BUKO auch mit der  Beteiligung an dem Treffen zusammen. Aber wie viele von Euch, schätzen auch wir den undogmatischen Charakter der BUKO und genießen die zwischenmenschlichen Begegnungen mit tollen, unterschiedlichen Menschen bei den Zusammenkünften. Davon haben wir uns bei der Auswahl des Tagungsortes leiten lassen und uns für den Zeltlagerplatz am Heiligensee bei Berlin entschieden. Mehrere Tage an einem entspannten Ort, damit neben den nötigen Diskussionen auch genug Zeit und Raum für Begegnungen aller Art ist und wir auch mal baden gehen können. Und keine Angst, niemand muss unfreiwillig zelten, wir nutzen das Tagungshaus des Zeltplatzes und schlafen in mehreren Schlafräumen in den Gebäuden.

Den Weg zum Zukunftstreffen findet Ihr hier: zev-berlin.com/anfahrt/

Für das Treffen bitten wir Euch um Anmeldung bis zum [...]. Damit erleichtert Ihr uns die Planung enorm. So können wir Euch auch einfacher vorbereitende Unterlagen und weitere Informationen zu dem Zukunftsreffen zukommen lassen. Kinder sind herzlich willkommen, bitte gebt bei der Anmeldung an, ob ihr junge Menschen mitbringt.

 

Zur Anmeldung könnt ihr diesem Link folgen:

https://www.buko.info/index.php?id=180&L=0&ADMCMD_cooluri=1

oder Ihr schreibt eine Mail an martin@buko.info

Wir freuen uns, Euch an Himmelfahrt zu treffen,

die BUKO-Strategieprozessgruppe (Andrés, Christiane, Jürgen, Kristin, Martin, Michael, Mickie und Pitt)

 

Anmeldung für 5. Bundesweites Recht auf Stadt-Forum in Hamburg vom 17.-19.5.2019 hat begonnen

Die Vorbereitungen für das 5. Recht auf Stadt-Forum laufen gehen langsam in die heiße Phase über. Es sind zahlreiche Workshopvorschläge bei uns eingegangen. Vielen Dank dafür! Gerade ist die Vorbereitungsgruppe damit beschäftigt möglichst viele Workshops so zu organisieren, das sich möglichst viele Gruppen und Initiativen möglichst direkt aufeinander beziehen werden.

Entsprechend der Überlegung der Vorbereitungstreffen wird es 3 Themenschwerpunkte geben: Wohnen, Bodenfrage/Stadtentwicklung und Solidarische Stadt. Über diese wollen wir uns anhand von verschiedenen Praxen austauschen und diskutieren: Praxen, bei denen der Hauptfokus auf realpolitischen Interventionen liegt, Praxen, bei denen Community Organizing im Vordergrund steht, und Praxen, bei denen Bewohner*innen unter dem Stichwort „Stadt selber machen“ die Gestaltung des städtischen Raums in die eigenen Hände nehmen. Quer dazu möchten wir, dass feministische Fragestellungen und Perspektiven sowie die internationale Dimension ihren Platz finden.

Es wird auf jeden Fall ein spannendes Programm geben, das wir euch In Kürze auch detaillierter vorstellen werden.

Eine Kinderbetreuung wird organisiert, dafür haben wir auch ein Spielhaus in unmittelbarer Nähe gewinnen können. Außerdem wird es eine Schlafplatzbörse geben.Wir bitten euch um eine Anmeldung um uns die Planung des Forums zu erleichtern. Die erste Stadt hat sich bereits mit einem Reisebus angekündigt, es könnte also voll werden...

Zur Anmeldung kommt ihr über diesen Link:

https://www.buko.info/index.php?id=177&ADMCMD_cooluri=1

Das Forum wird vom 17.5-19.5.2019 in Hamburg in den schönen Räumlichkeiten der fux e.G. stattfinden.


MELDUNGEN

Brasilien: Die Katastrophe wiederholt sich – erneuter Dammbruch

Nach dem Dammbruch von Mariana im November 2015 brach am 25. Januar 2019 wieder ein Rückhaltebecken gefüllt mit Eisenerz-Schlamm. Wieder in Minas Gerais und wieder ist der ehemalige Staatskonzern Vale beteiligt. Diesmal trifft es den Rio Paraopeba, einen Zufluß des Rio São Francisco der für die Wasserversorgung des trockenen Nordostens von großer Bedeutung ist.

Bei Radio Dreyeckland steht die Sendung „Die Katastrophe wiederholt sich“ zum nachhören und Downloaden bereit. https://mais1cafe.org/2019/02/07/de-die-katastrophe-wiederholt-sich/

Zunächst hört ihr Carine Guedes Ramos von der Bewegung der Staudamm-Betroffenen (MAB) in einem Gespräch über die Arbeit mit den direkt von dem Dammbruch Betroffenen und die juristischen und politischen Konsequenzen der Umweltkatastrophe. In der zweiten Hälfte des Programms gibt es ein Gespräch mit Camila Nobrega, die an der Freien Universität Berlin zum Thema Staudämme promoviert und vor Ort ist.

 

Kolumbien: „Wenn nur die Kohle zählt“ - Der Tagebau El Cerrejón im Norden Kolumbiens

Mit 69.000 Hektar ist El Cerrejón im Norden Kolumbiens der größte Steinkohletagebau Lateinamerikas und einer der größten weltweit. Die Lebensgrundlage für die Menschen, die hier weiterhin wohnen, ist nach 30 Jahren Förderung weitgehend zerstört. Anlässlich eines Seminars von kolumbianischen und deutschen Aktivist*innen im November 2018 in Hüll in Deutschland unter dem Titel „Wenn nur die Kohle zählt“ bei dem sich Aktivist*innen, Forscher*innen und Anwohner*innen aus Kolumbien und Deutschland über den Kohleabbau und seine Folgen austauschten, informiert ein Audiobeitrag (Audiolänge: 10:19 Minuten) des Nachrichtenpool Lateinamerika (NPLA) über den aktuellen Stand der Dinge.

https://www.npla.de/podcast/wenn-nur-die-kohle-zaehlt/

Zu diesem Audiobeitrag gibt es auch einen poonal-Artikel.

https://www.npla.de/poonal/wenn-nur-die-kohle-zaehlt-der-tagebau-el-cerrejon-im-norden-kolumbien/


Honduras: Drei Jahre ohne Berta Cáceres Flores – Copinh kämpft weiter für Gerechtigkeit

 Am 3. März 2019 jährte sich der Jahrestag der Ermordung der Anführerin der indigenen Organisation Copinh (Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas), der Menschenrechtsverteidigerin und Umweltaktivistin Berta Cáceres Flores zum dritten Mal. An diesem Tag im Jahr 2016 wurde sie in ihrem Haus in La Esperanza, im Distrikt Intibucá ein und erschossen. Der mexikanische Umweltschützer Gustavo Castro, der zu Besuch war, überlebte das Mordkomplott schwer verletzt. Copinh kämpfte zu dieser Zeit gegen den Bau eines privatwirtschaftlichen Wasserkraftswerks auf dem Territorium der Lenca (indigene). Die Baufirma des Wasserkraftwerkes (DESA/Desarrollos Energéticos Sociedad Anónima) wird mit der Ermordung Berta Cáceres in Verbindung gebracht. Das Unternehmen ist Teil der Unternehmensgruppe ATALA-ZABLAH, eines der mächtigsten Familienimperien in Honduras.

Am 29. November 2018 fällte das Strafgericht von Tegucigalpa ein Urteil wegen Mordes an Berta Cáceres gegen sieben Angeklagte. Die Familie der Umweltschützerin und Copinh sprechen aus vielfachen Gründen jedoch von einem rechtswidrigen Prozess. Sie fordern, dass weiterhin gegen die Drahtzieher des Mordes ermittelt wird. Bislang wurde nur eine Person in Untersuchungshaft genommen, die zum Zeitpunkt der Ermordung von Berta Cáceres eine Spitzenfunktion im DESA-Management ausübte.

Während einer Reise internationaler Menschenrechtsverteidigerinnen Ende Januar 2019 nach Honduras, sprach Sonja Gerth von der Agentur Cimacnoticias mit Lilian López von der Copinh-Koordination über den Prozess gegen Bertas Cáceres Mörder, die Stimmung unter den indigenen Gemeinden nach dem Attentat und die Rolle der Frauen bei Copinh. Der poonal-Interviewbeitrag wurde am 4. März 2019 veröffentlicht.

https://www.npla.de/allgemein/3-maerz-drei-jahre-ohne-berta-copinh-kaempft-weiter-fuer-gerechtigkeit/

In Gedenken an Berta Cáceres und weiterer ermordeter Menschenrechtsverteidiger*innen fand am Sonntag, den 3. März 2019 in Berlin eine Kundgebung statt. Dazu aufgerufen hatten das CADEHO (Menschenrechtskollektiv für Honduras) Berlin, der Bloque Latinoamericano de Berlín, das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit sowie die HonduasDelegation. Das Kommuniqué zur Kundgebung findet ihr hier.

Hier geht es zu einer Protestnote von Amnesty International Canada - „Justice for Berta in Honduras“.
https://takeaction.amnesty.ca/page/38586/action/1?ea.url.id=2101579

 

Honduras: Führende Rolle der Frauen im territorialen Widerstand in Honduras

Frauenorganisationen in Honduras hatten für den 8. März zu Kundgebungen und Aktionen aufgerufen. Vor der Generalstaatsanwaltschaft in Tegucigalpa versammelten sich Frauen, um auf die hohe Femizidrate und Straflosigkeit aufmerksam zu machen. Der Campus der Nationalen Autonomen Universität Honduras in der Hauptstadt wurde von Studentinnen und Mitarbeiterinnen der Universität besetzt. Sie machten auf die sexuelle Belästigung und Gewalt innerhalb des Bildungssystems aufmerksam. Sie forderten die Einführung des Notfall-Antikonzeptivums (der "Pille danach") und der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Aus der nördlichen Industriestadt San Pedro Sula wurde berichtet, dass Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte gegen Frauen und Mädchen, die sich vor dem Gerichtsgebäude versammelten, handgreiflich wurden und sie mit Waffen bedrohten …

Link zu dem Artikel vom 11. März 2019 auf amerika21.

 

Nicht mit uns! Mittelamerikanische Musikerinnen wehren sich gegen den Machismo

Blöde Anmache, begrapschen, sexuelle Übergriffe: Gewalterfahrungen gehören für viele Frauen in Mittelamerika zum Alltag. In Honduras und Guatemala haben sich zwei Sängerinnen mit Musik gegen Machismo einen Namen gemacht. Im Privaten wie in der Politik gilt frauenverachtende Politik und sexualisierte Gewalt oft als "normal". Doch immer mehr Frauen organisieren und wehren sich. Darunter Künstlerinnen, die auf der Bühne mit ihrer Musik Widerstand proben. Erika Harzer trifft Sängerinnen verschiedener Generationen und spricht mit Betroffenen von erlebter (Machismo-) Gewalt. Ein Feature von Erika Harzer zum Internationalen Frauentag 2019.

Dieses Feature kann in der Podcast NDR Feature Box  zwölf Monate angehört und heruntergeladen werden (die Sendung wurde am 5. März 2019 ausgestrahlt).

 

Bericht: Treffen des Alarmphone Sahara in Niger

Mitte Februar hat in Agadez (Niger) ein weiteres Treffen des Alarmphone Sahara stattgefunden – einem Schwesterprojekt des Watch The Med Alarmphone. Die vielfältigen und intensiven Eindrücke einer Delegationsreise vor und während des Treffens sind auf der Homepage von Afrique-Europe-Interact zu einem tagebuchartigen Bericht zusammengefasst worden. Der Bericht beschreibt unter anderem die knapp 1.000 Kilometer lange Busreise von Niamey nach Agadez, die Situation von Migrant*innen und Geflüchteten in Transitländern wie Niger, greift allgemeine Sicherheitsfragen im Sahel bzw. in der Sahara auf (nicht zuletzt im Kontext von islamistischen Terrorismus) und geht auf genderpolitische Aspekte ein.

https://afrique-europe-interact.net/1782-0-Bericht-Alarmphone-Treffen-Agadez-02-2019.html

Mehr Informationen zum Alarmphone Sahara finden sich auf Facebook (Alarme PHONE Sahara), auf der demnächst online geschalteten Webseite des Alarmphone und auf der Webseite von Afrique-Europe-Interact.

 

Indien: „Das Agrarsystem ist völlig zusammengebrochen“

Zehntausende Bäuerinnen, Bauern und Landarbeiter_innen aus ganz Indien haben Ende November 2018 in Neu-Delhi gegen die katastrophalen Lebensbedingungen von Kleinbäuerinnen und -bauern demonstriert und unter anderen einen Schuldenerlass, höhere Preise für ihre Produkte und eine 15-tägige parlamentarische Sondersitzung, die sich ausschließlich mit der Agrarkrise befassen soll, gefordert. An den Protesten beteiligte sich auch die Ulka Mahajan von der Bewegung Sarvahara Jan Andolan, die für die Rechte von Adivasi (indigenen) und Bäuerinnen und Bauern in dem an die Finanz- und Wirtschaftsmetropole Mumbai angrenzenden Distrikt Raigad kämpft.

In einem Interview im Dezember 2018 sprach sie über den „Marsch für die Befreiung der Bauern“ und die Hintergründe der drei zentralen Forderungen der Mobilisierung. Das Interview wurde in analyse & kritik (ak) vom 15. Januar 2019 veröffentlicht.

https://www.akweb.de/ak_s/ak645/14.htm

 

Großbritannien: „Ein öffentlicher Aufschrei“ - Interview zu den „Stansted 15“

Am 27. März 2017 verschaffte sich eine Gruppe von antirassistischen Aktivist*innen Zugang zum Rollfeld des Flughafens Stansted und blockierte einen Abschiebe-Charterflug. Somit konnte verhindert werden, dass 57 Menschen nach Nigeria und Ghana abgeschoben wurden. Im Dezember 2018 wurden sie nach einem zehnwöchigem Gerichtsverfahren überraschend nicht wegen schwerem Hausfriedensbruch, sondern nach einem Gesetz verurteilt, das Terroranschläge verhindern soll und eine Freiheitsstrafe von bis zu lebenslänglich als Strafmaß vorsieht. Am 6. Februar 2019 wurde das Strafmaß verkündet: Drei Aktivist*innen erhielten Bewährungsstrafen, die anderen wurden zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Das Interview mit Alistair Tamlit, einem der „Standsted 15“ findet ihr in der März/April-Ausgabe der Zeitschrift iz3w.

Zum Gerichtsurteil hier ein Artikel aus The Guardian.

 

„Zweites Hau-ab-Gesetz“ - Kriminalisierung geplant

Die Ankündigung eines konkret bevorstehenden Abschiebungstermins könnte zukünftig strafbar sein. Das sieht der Referentenentwurf für das „Zweites Hau-ab-Gesetz“ vor, das beschönigend als „Geordnetes-Rückkehr-Gesetz“ bezeichnet wird. Das Gesetz befindet sich im Ressortverfahren, wird also zwischen den Ministerien besprochen. Zum einen soll die Veröffentlichung und Verbreitung von Abschiebeterminen mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden können. Zum anderen soll ebenso unter Strafe gestellt werden, wenn Beratungsstellen über Maßnahmen zur Identitätsfeststellung informieren, um diese zu behindern. „Bei der vorgeschlagenen Kriminalisierung der deutschen Asylszene hat sich das Bundesinnenministerium scheinbar von anderen europäischen Regierungen inspirieren lassen“, so Pro Asyl am 28. Februar 2019 und fordert: „Die vorgeschlagene Kriminalisierung von Flüchtlingsunterstützer*innen im 'Zweiten Hau-ab-Gesetz' muss ersatzlos gestrichen werden“.

 

Chiapas, Mexiko: Bertolucci im lakandonischen Regenwald - Ein Meinungsbeitrag zu den Feierlichkeiten am 25. Jahrestag der bewaffneten Erhebung der EZLN am 7. Januar 2019 in La Realidad im Bundesstaat Chiapas

Es ist etwa 17:30 Uhr am 31. Dezember. Ein heller Nachmittag. Als ob es sich um den Höhepunkt eines epischen Films von Bernardo Bertolucci handeln würde, winden sich die Truppen der 21. zapatistischen Infanteriedivision wie eine riesige Urwaldschlange, die sich martialisch auf dem Hauptplatz des „Caracol“ genannten zapatistischen Verwaltungssitzes im Ort La Realidad im Bundesstaat Chiapas zusammenrollt.

In der Vorhut des Militäraufgebotes befindet sich ein motorisiertes zapatistisches Frauenkommando. Als es auf dem zentralen Platz ankommt, schwärmt es zu allen vier Seiten aus, um das Operationsfeld abzugrenzen. Dem Kommando folgt eine Gruppe der Frauenmilizen, die das Feld umstellen, so als wären sie die Wächterinnen. Den Kopf des gigantischen Urwaldreptils bilden die berittenen Befehlshaber*innen, unter ihnen Kommandant Tacho und Subkommandant Moisés. Ihnen folgt der zweireihige Schlangenkörper aus mehr als 4.000 Kämpfer*innen. Sie sind mit grüner Hose und Mütze, kaffeebraunem Hemd, schwarzer Gesichtsmaske und roten Halstüchern uniformiert. Alle tragen zwei etwa 75 Zentimeter lange Rundhölzer mit sich. Ihr Aufeinanderschlagen markiert den Schritt der Truppe. Nicht alle haben Platz auf dem Operationsfeld.

Diese Division, so wird in einem Video  von Enlace Zapatista erklärt, hat vor 25 Jahren die Kreisstädte von Altamirano, Oxchuc (https://desinformemonos.org/oxchuc-saca-los-partidos-politicos-adopta-sistema-usos-costumbres/), Huixtán, Chanal, Ocosingo, Las Margaritas und San Cristóbal „erobert“. Sie wird von Kämpfer*innen der zweiten und dritten Generation verstärkt, „Zapatist*innen, die 1994 Kinder oder noch gar nicht geboren waren, und die im Widerstand und der Rebellion aufwuchsen“.

Machtdemonstration der EZLN

Die Feier des 25. Jahrestages der bewaffneten Erhebung der EZLN ist keine Inszenierung einer sozialen Bewegung. Es ist die Machtdemonstration einer politisch-militärischen Kraft, die über Ordnung, Disziplin, Zusammenhalt, Geschicklichkeit, logistische Kapazität, soziale Basis, Befehlsgewalt und Kontrolle über ein Territorium verfügt. Während die Zapatist*innen in den vergangenen Jahren bei ihren öffentlichen Auftritten ihr ziviles und volksnahes Gesicht gezeigt hatten – durch Seminare, Kolloquien, Kunstfestivals, kleine Kurse (die zapatistischen „escuelitas“), und Filmvorführungen -, so stellten sie an diesem 31. Dezember ihr militärisches Antlitz in den Vordergrund. Eines, das nicht automatisch bedeutet, zur Waffe zu greifen, aber sehr wohl Widerstand zu leisten. Die symbolische Botschaft ihres Aufgebotes hätte nicht deutlicher sein können.

Die Feier wird mit einer energischen Ansprache von Subkommandant Moisés abgeschlossen, die an die militärischen zapatistischen Strukturen, ihre zivilen Verwaltungen und die Basis gerichtet ist. Er sagt ihnen: wir stehen allein, als ob sie uns nicht sehen würden, als ob sie uns nicht hören würden. Sie wollen uns belügen, sie wollen und betrügen. Es ist ein Hohn, eine Erniedrigung. Sind sind hinter uns, hinter der EZLN, her. Wir haben keine Angst vor der Regierung. Hier herrscht nicht die schlechte Regierung, hier befehlen Frauen und Männer.

„Sie wollen uns betrügen“

Wie man weiß, ist Moisés der Sprecher der EZLN (obwohl dies oft gerne vergessen wird und man sich lieber an den Subkommandanten Galeano [beziehungsweise den Subkommandanten Marcos, Anm. d. Ü.] wendet). Moisés ist Tzeltal-Indígena, Tagelöhner auf den höllischen Farmen von Chiapas, Kamerad des [am 1. Januar 1994 gefallenen] Subkommandanten Pedro mit dem Grad eines Majors bei der „Einnahme“ von Las Margaritas, Kamerad des Subkommandanten Marcos. Er ist es, der heute im Namen des Zapatismus und dessen Bevölkerung spricht. Er ist keine dekorative Figur. Er ist der Sprecher des Aufstandes. Seine Worte sind die Essenz eines Lebens aus Leid und Kampf, sowie den emanzipatorischen Sehnsüchten der indigenen Völker.

Das militärische Aufgebot und die Worte müssen zusammen bewertet werden. Obwohl es eine eng verwobene Geschichte von Unstimmigkeiten zwischen dem Zapatismus und der Strömung López Obradors (Obradorismus) gibt, scheinen die Härte der Rebellen-Erklärungen und die Mobilisierung am Jahresende die Antwort auf zwei zentrale Gegebenheiten zu sein. Die Drohung einer gegen die Zapatist*innen gerichteten Offensive seitens der neuen Regierung und grundlegende programmatische Differenzen. Dabei handelt es sich nicht um Verfolgungswahn. Sprecher*innen der „Vierten Transformation“ (https://www.bbc.com/mundo/noticias-america-latina-45712329) verbreiten überall hinter vorgehaltener Hand, die EZLN sei geschlagen, während Befürworter*innen der neuen Nationalgarde (https://desinformemonos.org/guardia-nacional-modalidad-mas-peligrosa-la-ley-seguridad-interior-seguridadsinguerra/) damit drohen, die Rebell*innen eindämmen zu wollen.

EZLN fürchtet weitere Militarisierung des Landes

Der Zapatismus (und zahlreiche indigene Völker und Menschenrechtsgruppen) haben grundlegende Differenzen mit dem „Obradorismus“. Bedrängt durch die seit mehr als einem Vierteljahrhundert bestehende Militarisierung von Chiapas, lehnt die EZLN die Nationalgarde ab. Sie sieht darin einen weiteren Schritt bei der Militarisierung des Landes. Mit einer langen Liste ermordeter Aktivist*innen aus ihren Reihen, widersetzt sie sich einem Schlussstrich, der Verbrechen der Vergangenheit straffrei lassen soll. Die Zapatist*innen werden bedrängt von denjenigen, die sie ihrer Territorien berauben wollen, und sehen im geplanten Maya-Zug (https://www.npla.de/poonal/kritik-am-maya-zug/) und den Plänen zur Wiederaufforstung die Speerspitze, um sie zu zerstören. Die EZLN fühlt sich der Wiederherstellung der originären Völker verpflichtet uns sieht in den „New Age“-Zeremonien der neuen Regierung als Bauernfängerei.

Entschlossen, eine andere Welt möglich werden zu lassen, wittert die EZLN in der Absicht der „Vierten Transformation“, gleichzeitig sowohl für die Ausgebeuteten als auch für die Ausbeuter*innen zu regieren, nicht nur das Echo der Worte des Unterdrückers Absalón Castellanos [ehemaliger Gouverneur von Chiapas], sondern reinen Unsinn. Im antikapitalistischen Kampf engagiert, sieht sie in der Regierung von Andrés Manuel López Obrador die kapitalistische Kontinuität.

Man darf sich nicht täuschen lassen: Das Auftauchen Bertoluccis im lakandonischen Regenwald nimmt vorweg, dass entgegen dem, was einige glauben, im mexikanischen Südosten nichts endgültig festgeschrieben ist.

Der Beitrag wurde am 15. Januar 2019 veröffentlicht in poonal Mexiko. 

 

Mexiko: Reformen im Eiltempo - Mexikos neuer Präsident setzt seine Wahlversprechen um

Der Mensch meint es ernst. Offiziell kaum zwei Monate im Amt, scheint es so, als wolle Mexikos neuer Präsident Andrés Manuel López Obrador (AMLO) sein angekündigtes 100-Punkte-Programm in sechs Monaten statt in sechs Jahren seiner Regierungsperiode umsetzen. Fast mutet es an, er sei sich nicht sicher, wie lange ihm Zeit gelassen wird. AMLO wandelt mit seiner anvisierten „Vierten Transformation“ Mexikos, kurz die 4T genannt, auf schmalen Grat. Ein tiefer Absturz und ein grandioses Scheitern des derzeit hochpopulären Präsidenten ist mindestens genauso vorstellbar wie eine Regierung, die Mexiko nach 36 Jahren neoliberaler Dominanz grundlegend zum Positiven verändert und eine neue Hoffnung für ganz Lateinamerika bedeuten könnte.

López Obrador hat schon ganz zu Anfang sehr viel auf eine Karte gesetzt. Ende Dezember begann er seine Initiative gegen die Korruption im staatlichen Ölkonzern Pemex und den enormen Treibstoffklau durch „verlorene“, illegal operierende und ausgeraubte Tankwagen sowie tausende „Zapfstellen“ am Netz von Pipelines im Land.  Die Bekämpfung des Huachicoleo, den massiven Treibstoffklau und -handel durch die organisierte Kriminalität, ist derzeit das alles beherrschende Thema in Mexiko. Versorgungsengpässe an den Tankstellen, Warteschlangen, der Einsatz des Militärs als Wächter der wichtigsten und am meisten angezapften Pipelines und als Pemex-Kontrolleure, haben in der breiten Bevölkerung der Beliebtheit des Präsidenten nicht geschadet. Nach der Tragödie von Tlahuelilpan im Bundesstaat Hidalgo, bei der am 19. Januar und den Folgetagen mindestens 93 Menschen durch die Explosion einer angezapften Ölpipeline und das in Brand geratene auslaufende Benzin umkamen, ist die Unterstützung für AMLOs Kampagne gegen den Huachicoleo auf knapp über 80 Prozent gestiegen. Doch ein Ende des Kräftemessens mit den mafiösen Strukturen in dieser "alternativen" Ölindustrie ist nicht in Sicht. Fortgeführte Sabotageakte, ein mangelhaft organisiertes alternatives Verteilungssystem, das das beabsichtigte zeitweise und längere Trockenlegen von Leitungsabschnitten kompensieren soll, sowie eine nicht immer transparente Informationspolitik sind Schwachstellen.

AMLO setzt auf die schnelle Umsetzung relativ umfangreicher Sozial- und Ausbildungsprogramme, um dem organisierten Verbrechen und speziell den Drogenkartellen ihr riesiges Reservoir an Zuläufer*innen zu entziehen. Immer wieder betont er in seinen (werk)täglichen Pressekonferenzen um 7 Uhr morgens, anders als unter den Vorgängerregierungen habe es die Bevölkerung nicht mehr nötig, zu rauben. Durchschnittlich anderthalb Stunden stellt er sich im Nationalpalast den Fragen der Journalist*innen. Er lässt Tabellen und Statistiken auf die Leinwand werfen, hält aber auch viele Monologe, oft stark moralisierend. Im Bestreben, möglichst viele seiner Wahlversprechen schnell umzusetzen, hat López Obrador in zwei Monaten enorm viele Baustellen eröffnet. Neben viel Unterstützung sichert er sich viele Feinde.

 Gestützt auf eine „Bevölkerungsbefragung“, die wegen geringer Beteiligung und Art der Durchführung wenig mit einer ernsthaften Volksbefragung zu tun hatte, cancelte der Präsident das umstrittene Megaprojekt eines neuen Internationalen Flughafens. Anders als erwartet, erreichte die neue Regierungen innerhalb weniger Wochen Vereinbarungen mit den Finanziers und beteiligten Bauunternehmen. Möglich war dies wohl wegen zugesagter Entschädigungszahlungen und der Angst vieler Firmen, genauere Vertragsprüfungen könnten einen Korruptionsfall nach dem anderen ans Licht bringen. Die Einigung war einer von mehreren wichtigen Faktoren für einen erstaunlich stabilen mexikanischen Peso gegenüber dem US-Dollar. Die Pläne für den alternativen Ausbau des ebenfalls hauptstadtnahen Militärflughafens Santa Lucía und die Verteilung des Fluggastaufkommens auf mehrere bestehende Flughäfen sind noch nicht ausgereift. Dies gilt ebenso für AMLOs eigene Großprojekte: den über eine Strecke von 1525 Kilometern geplanten „Maya-Zug“ im mexikanischen Südosten sowie den Ausbau der Bahnstrecke über den Isthmus von Tehuantepec. Der Umgang mit der Opposition anliegender Gemeinden wird einer von vielen Prüfsteinen der Menschenrechtspolitik der Regierung sein.

Seit Mitte Januar hat die Wahrheitskommission zum Verschwindenlassen der 43 Studenten von Ayotzinapa offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Sie will eng mit internationalen Menschenrechtseinrichtungen zusammenarbeiten. Die Familienangehörigen sind in der Kommission vertreten. Doch gleichzeitig kritisieren Menschenrechtler*innen, wie wenig sich die Regierung bisher zu den anderen der etwa 36 000 Verschwundenen in Mexiko geäußert hat. Eine positive Initiative: Wie versprochen überprüft die neue Regierung eine Liste von fast 400 „politischen Gefangenen“. In der Mehrheit handelt es sich um Umweltschützer*innen, Menschenrechtsaktivist*innen, kommunale Führungsfiguren und politische Aktivist*innen. Eine erste Gruppe kam im Dezember frei.

Die Bildungsreform seines Vorgängers Peña Nieto mit ihren (die Lehrer*innen) bestrafenden und privatisierenden Elementen ist durch eine von AMLO an das Parlament weitergeleitete Initiative so gut wie widerrufen. Doch auch die angestrebte neue Reform soll in Zusammenarbeit mit der OECD entwickelt werden, die schon das Vorprojekt maßgebend bestimmte.

Die angekündigten Lohnkürzungen für Spitzenfunktionäre sind vielfach schon durchgesetzt worden. Niemand im öffentlichen Dienst soll mehr verdienen dürfen als der Präsident, der sich sein Gehalt auf umgerechnet netto etwa 5000 Euro stutzte. Die von AMLO verordnete „republikanische Genügsamkeit“ kommt nicht überall gut an. Gerade im Justizwesen und in Behörden wie dem Bundeswahlinstitut bedeutet sie für eine ganze Reihe hoher Funktionsträger*innen einen radikalen Einkommensschnitt, gegen den sie sich vor Gerichten wehren.  Sie stehen allerdings unter einem extrem hohen sozialen Druck, da viele ihre zum Teil absurden Privilegien und Zusatzleistungen nun verstärkt öffentlich diskutiert werden. Dagegen liegt die bereits umgesetzte Mindestlohnerhöhung mit 16,2 Prozent um mehr als das Dreifache über der Inflation. Die unteren Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor sollen schrittweise angehoben werden.

Um eines seiner umstrittensten Projekte ringt AMLO derzeit noch. Bei der Schaffung und Ausbildung einer Nationalgarde, die in erster Linie gegen die Drogenkartelle eingesetzt werden soll, will er zumindest anfangs vollständig auf das Militär setzen. Nur widerwillig gab er nationalen und internationalen Protesten und Einwänden nach. Er ließ sich darauf ein, dass die Nationalgarde formal dem zivilen Minister für Öffentliche Sicherheit (Alfonso Durazo) und nicht dem Verteidigungsminister (General Luis Crescencio Sandoval) unterstellt ist. Der Präsident wird nicht müde zu erklären, das Militär sei „Volk in Uniform“. Er werde nicht zulassen, dass es jemals wieder die Bevölkerung unterdrücke. Allein, vielen fehlt der Glaube. Für das auch von AMLO benannte Dilemma, dass mit der aktuellen korrumpierten lokalen und Bundespolizei kein Staat zu machen ist, hat andererseits niemand eine überzeugende Lösung. Für die Gründung der Nationalgarde ist eine Verfassungsänderung mit qualifizierter Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat notwendig. Im Abgeordnetenhaus erreichte der Präsident diese Zwei-Drittel-Mehrheit unerwartet locker. Denn dort kann er inzwischen regelmäßig auch auf die Stimmen der opportunistischen Partei der mexikanischen Grünen (die in den letzten Jahren ihr Fähnlein immer nach dem Wind gedreht haben), sowie mehrerer PRI- und PRD-Abgeordneter zählen. Im Senat liefen noch Ende Januar zähe Verhandlungen über die Verfassungsänderung.

Das Abstimmungsverhalten im Abgeordnetenhaus zeigt, wie wenig Widerstand der neue Präsident im Moment auf politischer Ebene zu fürchten hat. Die zuvor regierende Revolutionäre Institutionelle Partei (PRI) und die konservative Partei der Nationalen Aktion (PAN) haben sich von ihrer desaströsen Wahlniederlage immer noch nicht erholt. Einfache Gesetze kann AMLO problemlos durch die Legislative bringen. Ebenso wichtige Personalentscheidungen, bei denen Abgeordnete und Senator*innen zustimmen müssen. Formal hat der mexikanische Kongress in der Regel aus Dreiervorschlägen auszuwählen. In der Praxis kommen die AMLO-Kandidat*innen durch.

Richtig, in der Regierung gibt es auch noch Minister*innen. Doch trotz einiger interessanter Personalien wie der erst 31-jährigen Arbeitsministerin Luisa María Alcalde oder des Außenministers und früheren Hauptstadtbürgermeisters Marcelo Ebrard, wird das Kabinett bisher weitgehend von AMLO an die Wand gespielt. Diese Dominanz, die auf der anderen Seite von der Fixierung großer Bevölkerungsteile auf ihren Hoffnungsträger López Obrador gespiegelt wird, ist mittel- und langfristig sicher eine ganz erhebliche Schwäche der 4T. Sie steht und fällt mit AMLO, wenn sie keinen haltbaren strukturellen Unterbau bekommt. Neben AMLO erhält vielleicht noch die anerkannte Umweltwissenschaftlerin und Politikerin Claudia Sheinbaum als neue Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt einige Aufmerksamkeit. Erstmals seit 1997 werden damit Hauptstadt und Bund von derselben Partei, AMLOs Nationaler Erneuerungsbewegung MORENA, regiert.

Außenpolitisch kehrt die Regierung zur Politik der Nicht-Einmischung (die Estrada-Doktrin) zurück, für die Mexiko jahrzehntelang unter den PRI-Regierungen bekannt war. Konkret hieß dies beispielsweise zuletzt, nicht in den plumpen Mehrheitstenor der Lima-Gruppe und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gegen Nicaragua und Venezuela einzufallen. Gleichzeitig bemüht sich sich AMLO aber, nicht als aktiver Unterstützer der diskreditierten Regime Ortegas und Maduros dazustehen. 

Der Platz reicht nicht aus, um über viele weitere wichtige Initiativen und Probleme der neuen Regierung zu schreiben (Wirtschaftssonderzone an der Nordgrenze, Migrationspakt mit den USA, die Umwandlung der Präsidentenresidenz Los Pinos in eine Art offenes Kulturzentrum, Ausschreibungsstop für die Ausbeutung neuer Erdölfelder, anhaltend hohe Mordrate, Gesundheitspolitik, Landwirtschaftsprogramme, Dezentralisierung der Ministerium, anhaltende Entfremdung mit der EZLN, usw., usw.). Es verdichten sich die Anzeichen, dass AMLO seine zum Amtsantritt am 1. Dezember vor über 150 000 Menschen auf dem zentralen Platz von Mexiko-Stadt vorgelesenen 100 Programmpunkte tatsächlich einen nach dem anderen umsetzen will (sie können auf Spanisch z.B. unter folgendem Link nachgelesen werden) Völlig zu recht ist wiederholt gesagt worden, AMLO sei kein wirklicher Linker. Er steht jedoch eindeutig für eine sozialer ausgerichtete Politik und den Glauben, dass eine Regierung sehr wohl in der Lage sein kann, sich gegen starke wirtschaftliche Interessen und die Diktatur des Marktes durchzusetzen statt sich zu deren Erfüllungsgehilfen zu machen. Mexiko steht vor spannenden Monaten.

Der Artikel von Gerold Schmidt ist in der ila Nr. 422 erschienen.

 

Mexiko : Aktivist und Menschenrechtsverteidiger Samir Flores Soberanes ermordet

Amilcingo, Bundesstaat Morelos, Mexiko: Am Morgen des 20. Februar 2019 wurde der Aktivist und Menschenrechtsverteidiger Samir Flores Soberanes vor seinem Haus in Amilcingo ermordet.

Samir gehörte zu den Gegnern des Integralen Projekt Morelos (PIM), das die Verlegung einer Gaspipeline durch ihr Gebiet sowie zwei Wärmekraftwerke in Huexca und ein Aquädukt umfasst. Er engagierte sich in der Vereinigung von Gemeinden zur Verteidigung von Land und Wasser der Bundesstaaten Morelos, Puebla, Tlaxcala und war Mitbegründer des Gemeinschaftlichen Radios Amilzingo. Bei seinen beinah täglichen Sendungen nutzte er das Radio, um die Menschen in der Region über ihre Rechte und die Auswirkungen und Gefahren des Projektes zu informieren. Mittlerweile ist das Radio zu einem sehr wichtigen Werkzeug dieses Widerstandes geworden.
Nach Angaben seiner Familie hielten gegen 6 Uhr morgens zwei Autos vor seinem Haus; die Insassen riefen ihn, und als Samir vor die Tür ging, wurde viermal auf ihn geschossen. Seine Verwandten und Nachbarn brachten ihn ins Jonacatepec-Krankenhaus, aber er starb auf dem Weg. Bereits in der Vergangenheit wurde Samir mehrfach angegriffen, sowohl durch Elemente der staatlichen Polizei als auch durch eine Gruppe von Provokateuren, die 2014 in Amilcingo gegründet wurde, um gegen lokale Gegner*innen des Projektes PIM zu agieren. Zu diesem Zeitpunkt versuchte Samir zusammen mit anderen Nachbar*innen, die Arbeiten an der Pipeline in seiner Gemeinde zu stoppen.
Einen Tag vor seiner Ermordung befragte Samir Flores Soberanes auf einem Forum der Landesregierung in der Gemeinde Jonacatepec, Hugo Eric Flores, Bundesabgeordneter von Morelos. Dort machte er ihm deutlich, dass sie gegen das Wärmekraftwerk in Huexca seien, weil es der Region das Wasser entziehen würde und den gesamten Bundesstaat Kontaminieren würde. Des weiteren forderte er ihn dazu auf, die Bevölkerung nicht über die Wasserknappheit und die Umweltverschmutzung zu belügen, die das Wasserkraftprojekt mit sich bringen wird.
Mitglieder der Vereinigung von Gemeinden zur Verteidigung von Land und Wasser der Bundesstaaten Morelos, Puebla, Tlaxcala machen die Bundesbehörde für Elektrizität (CFE) sowie die derzeitige und die frühere Landesregierung verantwortlich "für die schmutzige Politik, die in den betroffenen Gemeinden betrieben wird, indem sie sie angegriffen und sogar Gruppen von Provokateuren gebildet haben, um die Gegner des PIM anzugreifen“.
"Vor einigen Tagen haben wir einen offenen Brief an den Präsidenten des Landes geschickt, in dem wir Obrador fragten, wem wir die Schuld geben sollten, wenn die Angriffe auf unsere compañeros weiter zunehmen würden, da sie in Amilcingo, Huexca und in anderen Gemeinden immer wieder verbal und physisch angegriffen wurden, bis hin zu Morddrohungen. Domínguez, compañero de lucha von Samir Flores Soberanes, forderte, dass Präsident Andrés Manuel López Obrador und Gouverneur Cuauhtémoc Blanco Bravo "den Mord an unserem compañero aufklären, denn in unserem Land bleibt alles straffrei; wir fordern, dass der Aufenthaltsort sowohl der materiellen Mörder als auch der intellektuellen Urheber dieses feigen Mordes gefunden wird, dass Gerechtigkeit walten soll.“

Ein aus dem Spanischen übersetzter Artikel der La Jornada vom 20. Februar 2019. 

In einem Brief vom 27. Februar 2019 an die mexikanische Botschaft in Berlin und weitere Institutionen fordern verschiedene Organisation (¡Alerta! – Lateinamerika Gruppe Düsseldorf, CADEHO - Cadena Derechos Humanos Honduras-Alemania, Carea e.V., Christliche Initiative Romero (CIR), Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), Gruppe B.A.S.T.A. (Münster), HondurasDelegation, Informationsbüro Nicaragua Wuppertal u.v.a.m.) die mexikanische Regierung dazu auf umgehend strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten, um die Mörder und die Auftraggeber des Mordes an Samir Flores zu finden, sie anzuklagen und zu bestrafen. Weiterhin wird der Schutz aller Mitglieder der „Vereinigung der Gemeinden zur Verteidigung von Land und Wasser der Bundesstaaten Morelos, Puebla, Tla x c ala “ gefordert sowie den Schutz all jener zu gewährleisten, die sich dem Projekt „Proyecto Integral de Morelos“, widersetzen.

 

Italien: Hunderttausende demonstrieren in Mailand gegen den Rassismus der italienischen Regierung

„In Mailand haben Zehntausende am 2. März 2019 gegen eine Politik der populistischen Regierung demonstriert, die sie als rassistisch bezeichneten. Die Menschen zogen durch die Stadt und versammelten sich auf dem zentralen Platz vor dem Mailänder Dom. Der Protest sei ein 'machtvolles politisches Zeugnis, dass Italien nicht nur jenes Land ist, das derzeit beschrieben wird', sagte Bürgermeister Giuseppe Sala. Mailand sende ein Signal für ein 'anderes Italien' aus. Der Stadtrat für Soziales, Pierfrancesco Majorino, sprach von rund 200.000 Teilnehmern. Organisiert hatten die Demo mehrere Hilfsorganisationen und soziale Vereinigungen, um 'gegen eine Politik der Angst' zu protestieren…“ – aus der Meldung „Zehntausende protestieren gegen Rassismus“ am 02. März 2019 auf tagesschau.de

„Neues Deutschland“ berichtet von 250.000 Menschen, die gegen „eine Politik der Angst“ und gegen Diskriminierung in Mailand demonstriert haben.

In einem kommentierten Videobericht am 02. März 2019 bei Il Fatto Quotidianomit wird vor allem darauf abgehoben, dass es die Breite der Mobilisierung gewesen ist, die dafür sorgte, dass „gezeigt wird, dass dieses Land noch nicht verloren ist“ – mehr als 1.200 Organisationen und Gruppen hatten zu der Demonstration aufgerufen.


Kolumbien: Massenprotest, Straßenblockaden und Repression bei der Minga im Südwesten Kolumbiens

Seit letzter Woche kommt es im Südwesten Kolumbiens zu Massenprotesten. Unter anderem werden in vier Departamentos Hauptverkehrswege durch zehntausende Protestierer*innen blockiert. Der Verkehr kommt nicht mehr durch.  Zentraler Akteur dabei ist der Consejo Regional Indigena del Cauca (Indigener Regionalrat des Cauca, CRIC). Das Kaffeekollektiv Aroma Zapatista verkauft  u.a.  Kaffee und Espresso von der Kooperative der CRIC und informiert über die Auseinandersetzungen in Kolumbien.

Die indigene Bewegung des Cauca hat zu einer "Minga" aufgerufen - dem indigenen Wort für Gemeinschaftsarbeit, das mittlerweile in Kolumbien zum Sinnbild für gemeinsamen Protest geworden ist. Die Forderungen der Minga sind direkte Verhandlungen mit dem Präsidenten, ein Ende der Mordwelle gegen indigene und andere politische Aktivist*innen, die Umsetzung des Friedensvertrags zwischen FARC-Guerilla und Regierung sowie die Erfüllung von mehr als 1.000 nicht erfüllten Abkommen und Verpflichtungen, die die Regierung gegenüber dem CRIC und anderen Organisationen eingegangen ist.

Der kolumbianische Präsident Iván Duque hat sich bisher geweigert, zu Verhandlungen zu den Protestierenden zu kommen. Stattdessen hat seit Beginn der Woche eine starke Repression durch die Aufstandsbekämpfungseinheiten ESMAD, die Polizei und das Militärs begonnen.

Das Kaffeekollektiv Aroma Zapatista hat einen Artikel zu den Ereignissen von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des CRIC übersetzt. Außerdem findet ihr bei amerika21.de zwei Artikel zur Minga: "Indigene in Kolumbien im Generalstreik" (16.3.2019) und "Weitere Verletzte und ein toter Polizist bei Protesten von Indigenen in Kolumbien" (20.3.2019). Auf der Website des CRIC findet ihr weitere aktuelle Infos auf Spanisch.

 

Der Kosovokrieg – 20 Jahre später finden Roma noch immer keine Ruhe

Am 24. März 1999 begann die NATO ihre 78tägige Bombardierung Jugoslawiens. Begründet wurde dieser Krieg vor allem seitens der rot-grünen Bundesregierung mit einem vermeintlich drohenden Genozid an den Kosovo-Albanern durch die Regierung Jugoslawiens, den es zu verhindern gelte. Diese Behauptung sollte die Beteiligung an einem Krieg rechtfertigen, der ohne UN-Mandat und ohne vorangehenden Angriff auf ein NATO-Land (Bündnisfall) geführt werden sollte. Es war der erste völkerrechtswidrige Angriffskrieg, den die NATO führte, und stellte damit einen Tabubruch dar, der weiteren Kriegen den Weg bereiten sollte.

 Besonders dass Deutschland sich an einem solchen Krieg beteiligte und dabei die eigene Geschichte („Nie wieder Auschwitz!“ Joschka Fischer) zur Rechtfertigung heranzog, macht fassungslos. Im Zweiten Weltkrieg haben die Deutschen Jugoslawien besetzt und zusammen mit ihren Verbündeten Roma verfolgt, deportiert, ermordet. Gerade Roma waren nun die Hauptleidtragenden eines neuen, von Deutschland mitgetragenen Krieges, der mit einem vermeintlich drohenden Völkermord gerechtfertigt wurde.

 120000 Roma wurden von der kosovo-albanischen Mehrheitsbevölkerung vertrieben, nachdem sie 600 Jahre in diesem Gebiet gelebt hatten. Sie wurden ihres Eigentums, vor allem ihrer Häuser, beraubt, das sie bis heute nicht zurück bekommen. Viele derer, die Vertrieben wurden, flohen in die angrenzenden Gebiete, einige kamen nach Deutschland oder andere Länder der Europäischen Union.

weiterlesen bei der Kampagne „alle bleiben!“...

 

Aufruf: Solibus will starten ...

Seit dem 22. Januar 2019 gibt es den gemeinnützigen Verein „Solibus e.V.“, der sich zum Ziel gesetzt hat einen großen Überlandbus zu kaufen. Die Idee des Solibus verstehen die Aktivisten*innen nicht als kommerzielles Projekt, sondern „als Teil einer politischen, sozialen Struktur, die eine gemeinschaftliche Mobilität und Teilhabe an bundes- und europaweiten Aktivitäten ermöglicht und als Struktur die anfallenden Kosten für alle Beteiligten solidarisch umverteilt bzw. trägt.“

Nähere Informationen findet ihr im Selbstverständnispapier des Projekts.

 

Call for papers: PERIPHERIE 157, Jenseits der "Kolonialität von Geschlecht"

Die Zeitschrift PERIPHERIE ist ein interdisziplinäres Diskussionsforum für Entwicklungtheorie und Entwicklungpolitik. Die Solidarität mit Emanzipationsbewegungen und sozialen Bewegungen in den Entwicklungsländern wie den Industrieländern ist ein wichtiges Motiv ihrer Arbeit. Die Ausgabe Nr. 157 wird ein Schwerpunktheft zum Thema » Jenseits der „Kolonialität von Geschlecht“ – De- und Postkoloniale Perspektiven auf Entwicklung, Gender und Sexualität«. Die Ausgabe soll im Frühjahr 2020 erscheinen. Hier der Call for Papers auf deutsch und englisch.

 

NEUERSCHEINUNGEN/BESPRECHUNGEN

Comic: Reise ins Territorium der Super-Emanzipation - Zu Gast beim CRIC

Der Comic führt anschaulich in die indigene Bewegung des Cauca/Kolumbien ein, die sich im Consejo Regional Indigena del Cauca (Indigener Regionalrat des Cauca, CRIC) organisiert. Christian Diaz (Zeichnungen) und Anita Starosta (Text) beschreiben darin die Reise deutscher Aktivist*innen in die indigenen Selbstverwaltungsgebiete.

Der Comic wurde kostenlos vom Kaffeekollektiv Aroma Zapatista veröffentlicht, das solidarisch gehandelten Kaffee und Espresso der indigenen Bewegung des Cauca verkauft.

Bestellt gerne Comics zum Auslegen in eurem Infoladen, Café, kulturellen Zentrum und so weiter: https://www.aroma-zapatista.de/shop/kaffee-espresso/cric-comic.html

 

Zeitschrift: iz3w # 371 - Über Verschwörungstheorien. Muss man wissen …

„Gegen den Irrsinn der Verschwörungstheorien hilft nur Aufklärung. Man kommt nicht umhin, sich über sie zu informieren und dagegen zu argumentieren.“ Die iz3w - Zeitschrift zwischen Nord und Süd befasst sich ihrer März/April-Ausgabe im Themenschwerpunkt mit dem „neuen alten Hype um esoterisch, antiimperialistisch oder antisemitisch grundierte Verschwörungsfantasien“...

Hier geht es zur iz3w # 371.

Sammelband: Ismail Küpeli (Hg.) - Kampf um Rojava, Kampf um die Türkei

Mit dem aktuellen Sammelband „Kampf um Rojava, Kampf um die Türkei“ soll die türkische Politik gegen Rojava adäquat eingeordnet und verstehbar gemacht werden. Die Autor_innen diskutieren Themen und Zusammenhänge, die in der öffentlichen Debatte weitgehend unterbelichtet bleiben. So werden sowohl die politischen als auch gesellschaftlichen Entwicklungen in der Türkei analysiert, wozu auch eine intensive Debatte um die Frauenbewegung in der Türkei gehört. Ausgehend von der zentralen Bedeutung der „Kurdenfrage“ gerät dann die Perspektive auf die anderen Seite der nationalstaatlichen Grenzen, nach Rojava. Hier wird einerseits danach gefragt ob Rojava eine Alternative zum Nationalstaat darstellt, und andererseits werden die Folgen des Afrin-Krieges sowohl für Rojava als auch für die Türkei selbst betrachtet.

Der türkische Staat negiert seit seiner Gründung 1923 die Existenz der kurdischen Bevölkerung in der Türkei und im Nahen Osten. Und selbst heute zielt die türkische Innen- und Außenpolitik darauf ab, Kurdinnen und Kurden weder in der Türkei noch in der Region über politische Macht verfügen zu lassen. Der Krieg in den kurdischen Gebieten der Türkei und die Angriffe der Türkei auf die syrisch-kurdische Autonomieregion Rojava sind Facetten der türkischen Politik, die zum Ziel hat, die kurdische Bevölkerung in der gesamten Region zurückzudrängen.

Das Buch ist bei edition assemblage erscheinen. Auf der Verlagsseite findet ihr auch die Termine der Speakerstour mit Anita Starosta (medico international), Axel Gehring und Ismail Küpeli.

Sammelband: Kollektiv Orangotango+ (Ed.) - This is Not an Atlas

Der Sammelband dokumentiert mehr als 40 Gegen-Kartografien aus der ganzen Welt. Die Sammlung zeigt, wie Karten als Bestandteil von politischen Kämpfen, der kritischen Forschung, in der Bildungsarbeit oder in der Kunst erstellt und verändert werden: Von indigenen Territorien im Amazonas bis hin zu den Protesten gegen Zwangsräumungen in San Francisco; von der Verteidigung der Commons in Mexiko zur Kartierung von Flüchtlingslagern mit Hilfe eines Heißluftballons im Libanon; von den Slums von Nairobi zu den besetzten Häusern in Berlin; von der Unterstützung von Gemeinschaften auf den Philippinen zur Berichterstattung über sexuelle Belästigung in Kairo. „This Is Not An Atlas“ möchte ein nützliches Handbuch für angehende Gegen-Kartografierer*innen sein und dazu einladen, das Unterrepräsentierte zu dokumentieren.

Die Publikation ist in englischer Sprache. Eine PDF-Version des Buches kann kostenlos hier heruntergeladen werden.

Das gedruckte Buch kann im transcript-Verlag bestellt werden.

Das Buch ist auch als kostenloses e-Book erhältlich. Die Karten sind Online eingestellt.
Zum Blog geht es hier.

 

Buch: Luiz Ruffato - Das Buch der Unmöglichkeiten. Vorläufige Hölle, Bd. 4

„Von Hoffnung getrieben, von Mühsal beladen, oft in Enttäuschung endend: Die Binnenmigration vom Land in die Großstadt und das Leben der einfachen Leute ist das große Thema von Luiz Ruffato. Der Roman spielt in der Zeit der zu Ende gehenden Militärdiktatur, die nun wieder droht. Was damals noch offen stand – die Idee einer Überwindung der dumpfen Verhältnisse, der Traum einer besseren Welt – hat sich als Unmöglichkeit erwiesen“ (aus der Verlagsankündigung).

Zusammen mit Ana Maria Machado war Luiz Ruffato der literarische Eröffnungsredner der Frankfurter Buchmesse 2013 mit dem Ehrengastland Brasilien. Seine Eröffnungsrede „Rassendemokratie ist ein Mythos“ hier im Wortlaut …

„Das Buch der Unmöglichkeiten“ ist im Verlag AssoziationA erschienen.

 

Buch: Kollektive in Aktion (Hg.) - Die Welt sind wir: Buen Vivir und die Verteidigung von Lebensräumen in Mesoamerika

„Über ein Jahr reisten die Autor*innen als Karawane durch Mesoamerika und tauschten sich mit 17 zumeist indigenen Gemeinden aus, die ihre natürlichen Gemeingüter gegen Monokultur, Wasserkraft-, Windkraft- oder Bergbauprojekte verteidigen. Dabei haben sie die Konflikte sowie die Widerstands- und Lebensformen der Gemeinden dokumentiert und praktische Erfahrungen in den Bereichen kommunitäre Medien, sachgerechte Technologien, kritische Kartografie, Naturmedizin und biologische Landwirtschaft geteilt. An konkreten Beispielen werden die konträren Sichtweisen auf Mesoamerika und seine natürlichen Gemeingüter deutlich“ (aus der Verlagsankündigung).

Das Buch ist im Februar 2019 in der Reihe: Studien zur globalen Gerechtigkeit Band: 9 im Unrast Verlag erschienen. Hier geht es zur Verlagsseite.

Einen Auszug aus dem Buch gibt es auch im Audioportal Freier Radios (03:21 min)

 

Dossier: Brot für die Welt (BfdW) - Atlas der Zivilgesellschaft

Brot für die Welt (BfdW) legte am 31. Januar 2019 erstmals den „Atlas der Zivilgesellschaft“ vor. Der „Atlas der Zivilgesellschaft 2019“ greift auf die Ergebnisse des CIVICUS-Monitors zurück, der weltweit umfassendsten Dokumentation zum Zustand der globalen Zivilgesellschaft. Die Nichtregierungsorganisation CIVICUS beobachtet dafür 194 Mitgliedstaaten der UN sowie Palästina und Taiwan (Province of China). Analystinnen und Analysten werten laufend Berichte von hunderten lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und internationalen Partnerorganisationen aus sowie öffentliche Quellen … Daten staatlicher Stellen werden nicht berücksichtigt. Am Ende steht ein Index-Wert für jedes Land, der den Umfang der zivilgesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten beschreibt.“ (Brot für die Welt)

Ein Vergleich zum „Atlas der Zivilgesellschaft“ 2018 ist bei der diesjährigen Erhebung nur bedingt möglich, bewertet das MiGAZIN am 7.Februar 2019.

Denn wegen einer geänderten Berechnungsmethode gibt es stellenweise deutliche Diskrepanzen: So leben aktuell laut Bericht vier Prozent der Weltbevölkerung in „offenen“ Gesellschaften, während es in der Studie vom Vorjahr gerade einmal zwei Prozent waren. Eine PDF-Version des „Atlas“ kann kostenlos auf der Homepage von BfdW heruntergeladen werden (auch in der Printversion auf der Site bestellbar). 

Audio: südnordfunk - Eine post-rassistische Gesellschaft, wie geht das?

Anfang Februar fand das Symposium „Dear White People! Visionen einer post-rassistischen Gesellschaft“ in Freiburg statt. Der südnordfunk, die Magazinsendung der iz3w, sprach mit einigen Teilnehmenden über die Frage, wie eine post-rassistische Gesellschaft geschaffen werden kann.

Die komplette Sendung vom 5. März 2019 ist hier nachzuhören.

 

TERMINE

# 17.03. - 14.04.2019, Hamburg - ROMEROTAGE 2019 Solidarität & Gerechtigkeit - Wann, wenn nicht jetzt!

Das Programm der Romerotage in Hamburg findet ihr auf der Website: https://www.romerotage.de/

Solidarität & Gerechtigkeit - Wann, wenn nicht jetzt!

# 05. - 07. 04.2019, Berlin - Konferenz: Nicaragua und die Zukunft linker Politik. Utopie und Verfall emanzipatorischer Gesellschaftsentwürfe

Medico international, Inkota, die Rosa-Luxemburg-Stiftung, das Informationsbüro Nicaragua und SOSNicaragua-Alemania veranstalten im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin eine Konferenz, die anlässlich der Proteste, Repressionen und politischen Krise in Nicaragua seit April vergangenen Jahres nach der Zukunft linker Politik fragt.

<link aktuelles artikel _blank>Mehr zur Veranstaltung auf der BUKO-Website

 

# 06. 04.2019 Berlin, bundesweit – Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn

Der Mietenwahnsinn wird immer schlimmer. Nach wie vor werden Menschen durch steigende Mieten verdrängt und zwangsgeräumt. Kiezläden, Gewerbe und Nachbarschaften werden zerstört. Menschen erfrieren während Häuser leer stehen. In diesem Jahr wird erneut zu Aktionstagen gegen den Mietenwahnsinn vom 27. März bis zum 6. April 2019 und zu einer großen Demonstration am 6. April in Berlin mobilisiert. Aber auch in vielen anderen Städten sind für den 6. April Demonstrationen und Aktionen unter dem Motto „Gemeinsam gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn“ geplant: Amsterdam, Barcelona, Dortmund, Dresden, Frankfurt, Freiburg, Jena, Köln, Leipzig, Lissabon, München, Münster, Paris, Potsdam, Stuttgart … Die Demonstration in Berlin beginnt um 12.00 Uhr am Alexanderplatz. Alle weiteren Informationen zu den Aktionstagen und Demonstrationen, der Aufruf, das Mobilisierungsvideo usw. findet ihr hier.

 


# ca. 28.04. - 18.05.2019, bundesweit - Ankündigung einer Rundreise von Rómulo Torres Seoane: Wege zu Demokratie und Gerechtigkeit - Soziale Bewegungen in Peru

 

Im Rahmen seiner Rundreise bietet Rómulo Torres (Ökonom, Mitarbeiter verschiedener NGOs) Vorträge über die Kämpfe, Visionen und Erfolge der sozialen Bewegungen in Peru an. Dabei können unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden. Er wird von konkreten Beispielen sozialer Bewegungen, ihren Protesten, ihren Visionen und ihren Aktionen berichten.

Weitere Information und die Kontaktdaten der Informationsstelle Peru findet ihr <link aktuelles artikel _blank>hier auf der BUKO-Website.

 

# 10. - 12.05.2019, bundesweit - Aktionstage zu 100 Jahren Abschiebehaft

Im Rahmen der Kampagne „100 Jahre Abschiebehaft" organisiert die antifa paderborn _ Kritik & Praxis eine bundesweite Vortragstour. In dem dafür ausgearbeiteten Vortrag wird erklärt, was Abschiebehaft bedeutet und die menschenverachtende Geschichte der Abschiebehaft dargestellt.

Weitere Informationen und einen Überblick über die Aktionen findet ihr auf der Kampagnenwebsite:

http://100-jahre-abschiebehaft.de/

 

# 28.05.2019, Berlin und 01. - 09.09.2019, Unterlüß (Niedersachsen) – „Rheinmetall entwaffnen - Krieg beginnt hier“

Auch 2019 wird es vom 1. bis 9. September ein antimilitaristisches Camp in Unterlüß geben. Am 28. Mai 2019 findet in Berlin die Hauptversammlung der Aktionär*innen von Rheinmetall statt. Dieses Datum soll genutzt werden, um gegen Rüstung und Krieg aktiv zu werden und für das Camp zu mobilisieren. Alle Informationen findet ihr auf der Homepage der Kampagne

https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/

 

# 03. - 06.2019, bundesweit - Vorbereitungsseminare für einen Studien-Praxis-Aufenthalt im zapatistischen Bildungszentrum CELMRAZ in Oventik

Das Projekt Balumil organisiert einen Studien-Praxis-Aufenthalt an einer zapatistischen Sprachschule, dem CELMRAZ, im Caracol von Oventik. Der nächste Gruppenaufenthalt in Chiapas, Mexiko wird vom 2. September bis 2. Oktober 2019 stattfinden. Darüber hinaus können sich auch Einzelpersonen (sog. Regulares) für einen Aufenthalt im CELMRAZ akkreditieren, die zu einer anderen Zeit und/oder nicht als Gruppe fahren wollen.

Voraussetzung für den Aufenthalt am zapatistischen Sprachzentrum ist die Teilnahme an drei Vorbereitungsseminaren (29. März – 31. März 2019 bei Erfurt / 26. April – 28. April 2019 im Wendland / 31. Mai – 2. Juni 2019 Frankfurt/Main). Anmeldung ist bis zum 22. März 2019 möglich: gata-gata(at)riseup.net Weitere Informationen auf der Webseite:http://balumil.blogsport.de

 

# 31.08.2019, Büren - Großdemonstration 100 Jahre Abschiebehaft!

Seit 100 Jahren gibt es in Deutschland die Abschiebehaft - 100 Jahre Abschiebehaft für immer beenden! Großdemonstration in Büren gegen Deutschlands größten Abschiebeknast und gegen das System der Abschiebehaft. <link aktuelles artikel _blank>Weitere Informationen hier auf der BUKO-Website.